2.2. Vermittlungsverfahren
Für die Internet-Schicht finden Sie manchmal auch die Bezeichnung
Vermittlungsschicht, was darauf hinweist,
dass in dieser Schicht die Entscheidung über das Vermittlungsverfahren
angesiedelt ist.
Wir unterscheiden hier drei Vermittlungsverfahren:
- Kanalvermittlung
- Nachrichtenvermittlung
- Paketvermittlung
Kanalvermittlung
Ein Vermittlungsverfahren kennen Sie bereits vom Telefonnetz: Es wird eine
durchgehende Verbindung (ein Kanal) zwischen den Kommunikationspartnern
hergestellt, daher die Bezeichnung Durchschaltevermittlung
oder auch Kanalvermittlung:

In dem Bild sind zwei bestehende Kanäle zu sehen (von A nach D und
von B nach E).
Die von C ausgehende grüne Linie soll andeuten, dass ein Verbindungswunsch
von C abgelehnt werden muss, weil keine freien Kanäle mehr zur Verfügung stehen.
Ein Kanal steht Ihnen exklusiv zur Verfügung und muss in Form von
Gebühreneinheiten bezahlt werden, unabhängig davon, ob Sie gerade sprechen oder nachdenken.
Bei der Rechnerkommunikation ist das Datenaufkommen meist unregelmäßig,
der Kanal ist mitunter schlecht ausgelastet.
Nachrichtenvermittlung
Eigentlich ist eine durchgeschaltete Verbindung für Daten gar nicht notwendig.
Es ist ausreichend, wenn Nachrichten transportiert werden:

In unserem Beispiel werden Nachrichten unterschiedlichen Umfangs
transportiert. Ein "Besetztfall" wie bei der Kanalvermittlung
tritt nicht auf, d.h., die "rote" und die "grüne" Nachricht
werden nacheinander auf dem Weg zu ihrem Ziel D übertragen.
Natürlich kann es dazu notwendig sein, die "grüne" Nachricht
in der Vermittlungsstelle Y zwischenzuspeichern,
während die Leitung zu D gerade von der "roten" Nachricht
benutzt wird.
Die Nachrichtenvermittlung ist den Bedürfnissen der Rechnerkommunikation
schon recht gut angepasst, da die Verbindungswege
nur dann belegt werden, wenn tatsächlich eine Datennachricht übertragen
wird.
Paketvermittlung
Erst auf den zweiten Blick hat die Nachrichtenvermittlung auch einen
wesentlichen Nachteil: Sehr lange Nachrichten belegen
die Verbindungsleitungen recht lange, kurze Nachrichten
müssen dadurch unter Umständen lange auf ihre
Übertragung warten.
Dieser Nachteil lässt sich umgehen, wenn die Nachrichten in
kleinere Pakete mit begrenztem Umfang zerlegt werden.
Seit den sechziger Jahren nutzt man die Idee der Paketvermittlung.
Die Daten werden zu Paketen gepackt (mit heute etwa 100 ... 10.000 Byte Umfang)
und mit Empfänger- und Absenderangabe versehen.
Die Datenpakete werden dann unabhängig voneinander durch das Netz
transportiert und belegen die Leitungen nur für kurze Zeit:

Unsere "rote" und "grüne" Nachricht wurde in jeweils zwei Pakete
zerlegt. Am Beispiel der "grünen" Nachricht sehen Sie auch,
dass die Pakete keineswegs alle gleich groß sein müssen,
vielmehr haben sie eine bestimmte maximale Größe.
Neben der besseren Wirtschaftlichkeit für Daten erreicht man zwei weitere
wesentliche Eigenschaften:
- Bei Überlastung von Knoten oder Leitungen bekommt man beim Telefon
einen Besetztfall. Datenpakete dagegen lassen sich zwischenspeichern,
bis sie übertragen werden können.
Der Überlastfall wird sich also durch Verzögerungen bemerkbar machen, was
zwar nicht angenehm, aber meist besser als gar keine Verbindung ist.
- Bei Ausfall von Knoten oder Leitungen werden die Pakete über alternative
Wege geleitet, der Anwender merkt davon fast nichts.
Diese Eigenschaft der Robustheit mag sicher auch der Grund für die intensive Förderung
der frühen Internet-Entwicklung durch das U.S. Department of Defense gewesen
sein.
Das folgende Bild zeigt die Situation bei einem Ausfall der
Verbindungsleitung zwischen X und Y (nach Passieren des ersten "roten" Pakets):

Das zweite "rote" Paket findet seinen Weg über Z zu Y und von dort aus
ebenfalls zum Ziel.
Natürlich kann es passieren, dass Pakete sich unterwegs gegenseitig
"überholen", d.h. in einer anderen Reihenfolge ankommen.
Das ist nicht weiter schlimm, weil sich die Transportschicht
üblicherweise um das "Umsortieren" in die richtige Reihenfolge kümmert.
© Uwe Hübner, 27.5.97